Donnerstag, 20. August 2009

Birds & Beaches

In meinem ersten Eintrag hatte ich behauptet, dass Sydney Fußgänger hasst. Ich möchte diese Aussage gerne ergänzen: Sydney hasst jegliche Art von Fortbewegung.

Man kann der Stadt wirklich vieles zugutehalten – das Verkehrssystem zählt mit Sicherheit nicht dazu. Das beginnt schon beim Straßennetz. Sydney ist wohl das Beispiel dafür, dass sich eine Millionenmetropole auch ohne das Eingreifen von Städteplanern prächtig entwickeln kann. Das Fehlen jeglicher Planung macht sich zum Beispiel dadurch bemerkbar, dass selbst Hauptverkehrsadern oftmals nur eine Spur pro Richtung haben, wodurch Staus eigentlich jederzeit garantiert sind. Herrlich verwirrend sind auch die Straßennamen. Zwar hat man sich offenbar darauf geeinigt, jeden Namen pro Suburb nur einmal zu vergeben – bei insgesamt rund 650 Suburbs macht das aber immer noch eine ganze Menge an George, Albert, King, Pitt und Oxford Streets. Ohne jede Übertreibung: Wer eine Stunde durch die Stadt läuft, wird jeden dieser fünf Straßennamen mindestens dreimal antreffen. Die logische Konsequenz daraus ist, dass ich bei meiner ersten und bisher einzigen Taxifahrt trotz eines Navigationssystems dem Fahrer genau erklären musste, wann und wo er abbiegen muss (was ich natürlich auch nicht so genau wusste). Am Ende hat der Gute netterweise das Taxometer abgestellt und nur einen lächerlich niedrigen Pauschalpreis verlangt.

Den Bus zu nehmen ist ebenfalls eine Option, die man sich zweimal überlegen sollte. Fahrpläne an den Haltestellen gibt es schon mal keine, man muss also bereits vorher wissen, ob man jetzt mit dem 424, dem 522, dem 333 oder doch dem X35 fahren sollte, die natürlich alle an derselben Haltestelle halten. Dem eh schon chaotischen Straßennetz begegnen die Busse dann mit einem Schlangenliniensystem (eventuell um den Staus auf den Hauptstraßen, die zwar manchmal extra Busspuren haben, die aber meist zugeparkt sind, zu umgehen?), das immerhin dafür sorgt, dass man bei einer kurzen Fahrt eine Menge von der Stadt sieht. Kurze Fahrt ist im Übrigen lediglich auf die Distanz zwischen Ein- und Ausstiegsstelle bezogen, so etwas wie eine zeitlich kurze Busfahrt gibt es Sydney nicht. Hauptgrund dafür: Haltestellen gibt es hier ungelogen etwa alle 100 Meter (vielleicht ein Grund dafür, dass laut einigen Studien Australien die USA als fettestes Land der Welt überholt hat) – und natürlich wird an jeder gestoppt.

Wer einigermaßen lebensmüde ist und weder den Fahrstil der Autofahrer noch die Nichtexistenz von Fahrradwegen scheut, kann sich auch ein Fahrrad anschaffen (O-Ton vom Vermieter: „In Sydney, you don’t buy a bike. You take one“). Letzte Option ist der Zugverkehr, an dem es per se nicht wirklich etwas auszusetzen gibt, das Streckennetz gibt aber nicht allzu viel her. Und so geht man letzten Endes dann doch lieber zu Fuß.

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Nachdem wir am Freitag eine spontane Hausparty gar epischen Ausmaßes hatten – zufällig hatten alle Mitbewohner unabhängig voneinander ein paar Leute eingeladen, so dass sich plötzlich 40 Leute in Wohnzimmer und Küche drängten –, ließen wir es den Rest des Wochenendes etwas ruhiger angehen. Samstags ging es daher in den Sydney Park, dessen herausragende Eigenschaft die relative Nähe zu unserem Haus ist. Man hat zwar auch einen guten Blick auf die Skyline, der fällt aus der Richtung aber nicht ganz so beeindruckend aus, was zum einen daran liegt, dass sich keine Giraffen in den Vordergrund drängen, zum anderen und vor allem aber daran, dass der Blickwinkel die Sicht auf die beiden hässlichsten Gebäude Sydneys freigibt: Der Sydney Tower, das höchste Gebäude der Stadt, das mit seinem fernsehturmartigen Aussehen so gar nicht zwischen die anderen Wolkenkratzer passen will, und, noch schlimmer, das Hauptgebäude unserer Konkurrenz-Uni – der UTS-Tower, der von einem hiesigen Studenten recht treffend als „giant stack o‘ crap“ bezeichnet wurde. (Nein, das ist jetzt keine aufgesetzte Rivalität mit der University of Technology. Das Teil ist so hässlich, das lässt sogar den Laimer Würfel als hübsch erscheinen. Selbst der zugehörige Wikipedia-Eintrag verweist gleich im zweiten Satz auf die Hässlichkeit: „On more than one occasion it has been singled out as Sydney's ugliest building.“)

Gelohnt hat sich der Besuch dann doch noch, weil ich in dem sehr euphemistisch mit „Sydney Park Wetlands“ umschriebenen Tümpel einen Vogel entdeckt habe, den ich aus naheliegenden Gründen zum neuen Wappentier Deutschlands vorschlagen möchte:


Frei nach einem deutschen Nationalspieler benenne ich den Vogel „Hitzlsperber“, was uns auch schon zum nächsten Punkt bringt: Die Aussies stehen wohl genauso auf flache Wortspiele wie ich. Zu meinen Lieblingen zählen bisher ein Thai-Lieferservice namens Thai-Tanic und ein Laden in der Innenstadt namens „Lick-Her Store“, bei dem ich ehrlich gesagt gar nicht wissen will, um was es sich dabei genau handelt. Stichwort Thai-Restaurants: Hier gibt es dermaßen viele davon, dass man sich inzwischen keine Namen mehr ausdenkt, sondern einfach nur noch durchnummeriert. Auf dem Weg zur Uni komme ich unter anderem an „Thai-La-Ong“, „Thai-La-Ong 2“, „Newtown Thai“, „Newtown Thai 2“, „Newtown Thai 2 Express“ und „Thai Times 9“ vorbei.

Zurück zum Wochenende. Am Sonntag war mit rund 29°C der heißeste Augusttag seit 15 Jahren, was uns dazu veranlasst hat, mal Bondi Beach zu besuchen, der (?) ja von SpOn zu den acht enttäuschendsten Sehenswürdigkeiten der Welt gewählt wurde. Naja, ist halt ein Strand. Weder besonders groß noch besonders spektakulär, aber dennoch recht schön und natürlich mit ordentlichen Wellen. Bilder vom Wochenende sind relativ rar, deshalb habe ich dieses Mal alle in einen Ordner gepackt:

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Abschlussfrage: Bin ich der einzige, den die Steckdosen in Australien an eine stilisierte Version der Maske des Killers aus der Scream-Serie (die ihrerseits ja wieder eine stilisierte Version von Munch' "Der Schrei" ist) erinnern?


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